Der Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021 hat gezeigt: Zahlreiche Anhängerinnen und Anhänger von Verschwörungsmythen bleiben nicht beim bloßen Diskutieren von gewalttätigen Attacken stehen. Vier Psychologen vertreten in einem Forschungsüberblick nun die These, dass die Hinwendung zu solchen Aktionen ein sozialer Prozess sei, bei dem sich die Menschen vom bisherigen Umfeld bewusst abwenden und sich zu einer Verschwörungscommunity bekennen. Diese Entwicklung, so die Autoren, könne am besten als eine „spirituelle Reise“ beschrieben werden.
Die Reise sieht ungefähr wie folgt aus: Sie beginnt mit dem ersten Infragestellen etwa einer wissenschaftlichen These des sogenannten „Mainstreams“ – ausgelöst von Persönlichkeitseigenschaften, Angst und kognitiven Verzerrungen. Dabei stößt man auf eine Verschwörungserzählung, die dann die „richtige Erklärung“ bietet, sowie auf deren Anhängerinnen und Anhänger. Zunehmend bildet sich das Gefühl heraus, vom „Mainstream“ ausgeschlossen zu werden.
Zugleich erhält man in den Communitys der Verschwörungsüberzeugten positives Feedback. Am Ende dieses Wegs steht die Überzeugung, die gesamte Realität sei eine Illusion und die Welt werde in Wirklichkeit von geheimnisvollen Mächten gesteuert, so das Forschungsteam.
Pascal Wagner-Egger u.a.: Awake together: Sociopsychological processes of engagement in conspiracist communities. Current Opinion in Psychology, 2022. DOI: 10.1016/j.copsyc.2022.101417