Von Pflegekräften oder Feuerwehrleuten würde niemand annehmen, dass sie nicht ehrlich seien. Das passiert eher Leuten, die in der Werbung tätig sind oder etwas mit dem Vertrieb oder Verkauf von Produkten zu tun haben – diese Berufe gelten als etwas zwielichtiger. Die Forscherin Kelly A. Nault und ihr Kollege Stefan Thau untersuchen in einem Überblicksartikel, welche Rolle Ehrlichkeit für das Image oder Prestige eines Berufs spielt. Offenbar eine recht große. Wir mögen Vertreterinnen und Vertreter von Berufen, auf deren Glaubwürdigkeit wir uns verlassen können – und wir misstrauen tendenziell denjenigen, die mit dem Verkauf von Produkten zu tun haben, wie Werberinnen oder Marketer, Banker oder Versicherungsvertreterinnen.
Was uns hilft
Die Autorin und der Autor weisen darauf hin, dass es uns wichtig ist zu wissen, ob Vertreterinnen helfender oder unterstützender und dienstleistungsorientierter Berufe wohl ihre Interessen zu unseren Gunsten hintenanstellen und ihr Tun auf den Nutzen anderer, sprich auf uns ausrichten. Das sei wichtig für uns, weil wir manchmal auf die Expertise bestimmter Berufe angewiesen sind, ob wir gerade Ärztinnen brauchen oder Handwerker und seltener Feuerwehr oder Polizei. Oder weil wir indirekt davon profitieren, was Forschende, Ingenieurinnen und Ingenieure tun, die hilfreiche Medikamente oder Technik entwickeln, die das Leben erleichtert. Generell sei es uns wichtig zu wissen, was andere Menschen beruflich machen, um sie einschätzen zu können, besonders wiederum hinsichtlich ihrer Ehrlichkeit. Unterm Strich bieten uns Berufe eine Art „Kategoriensystem“, um die Ehrlichkeit von anderen Menschen zu beurteilen.
Generell stehen Vertreterinnen und Vertreter eher verkaufsorientierter Berufe eher im „Verdacht“, nicht ehrlich zu sein, weil man ihnen schneller unterstellt, Falschinformationen zu verbreiten, um ihr eigenes Wohl, sprich Verdienst über den Nutzen der Kundinnen und Kunden stellen. Studien zeigen, dass viele Angehörige dieser Berufe sich selbst nicht immer ehrlich finden und offenbar sich selbst im Verdacht haben, mitunter den eigenen Nutzen in den Vordergrund zu stellen. Studien zeigten auch, dass zumindest die Gutverdienenden unter ihnen ihr Einkommen als eine gewisse Kompensation für das schlechtere Image sehen, was den nicht gut Bezahlten allerdings nicht möglich ist. Feuerwehrleute, Pflegekräfte, Lehrer, Medizinerinnen, Ingenieure oder Professorinnen haben dieses Prestige-Problem nicht.
Kelly A. Nault, Stefan Thau: Professions, honesty and income. Current Opinion in Psychology, 2022. DOI: 10.1016/j.copsyc.2022.101403