Problemgespräche

Konflikte am Arbeitsplatz: Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter negative Gefühle miteinander teilen, kommt es zu „kollektivem Grübeln“.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilen oft ihre negativen Gefühle miteinander, um sich zu entlasten und sich gegenseitig zu unterstützen. Das kann schädlich sein, so die These zweier Wissenschaftlerinnen: Denn aus dem Bedürfnis, sich bei innerbetrieblichen Konflikten soziale Unterstützung und Entlastung zu suchen, kann „kollektives Grübeln“ werden. Das bringt zwar Kolleginnen und Kollegen einander näher, doch ihre negative Einschätzung einer Situation kann sich verstärken – über den Mechanismus der emotionalen Ansteckung. Die Folge: Die Motivation, sich an der Lösung von Problemen beteiligen, schwindet. So führen Problemgespräche eher dazu, dass die Beteiligten resignieren, anstatt nach Lösungen zu suchen.

Die Autorinnen weisen darauf hin, dass es wenig direkte empirische Belege für diesen Zusammenhang gebe und formulieren ihre Annahmen deshalb auf der Grundlage von Forschungen zu ähnlichen naheliegenden Themen, etwa dem individuellen Grübeln. Darin sehen sie den größten Nachteil des kollektiven Grübelns: Es führe gerade nicht zu einer Reflexion des Themas, das im Fokus stehe, sondern nur dazu, dass dieses nur noch negativer bewertet werde. Die Beteiligten stärkten einander nicht wirklich, sondern im Gegenteil entwickle sich bei ihnen zunehmend der Eindruck, sie könnten „ohnehin nichts machen“ und es entstehe dabei auch das Gefühl, keine Kontrolle mehr über die Situation zu haben. Insgesamt, so die Schlussfolgerung, schwäche „kollektiver Problemtalk“ die Resilienz der gesamten Organisation, weil keine Bereitschaft zur Reflexion mehr vorhanden sei.

Die Forscherinnen meinen, zunächst sollten Führungskräfte ein Gespür dafür entwickeln, ob es in ihrer Abteilung oder dem Betrieb „kollektives Grübeln“ geben könnte. Von allein verschwinde das Verhalten nicht, schreiben die Wissenschaftlerinnen, weil das Teilen der negativen Gefühle die Nähe und das Zusammengehörigkeitsgefühl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fördere, die ihnen wichtig sei. Führungskräfte können die Gelegenheit zu „strukturiertem Denken“ geben, also zu Ideen ermutigen und versuchen, in einer komplexe Situation gemeinsam in Gesprächen nach Lösungen zu suchen.

Kristin Knipfer, Barbara Kump: Collective rumination: When “problem talk” impairs organizational resilience. Applied Psychology, 1/20, 2021. DOI: 10.1111/apps.12315

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