Nadine Schalk erzählt:
„‚Bei uns im Callcenter musst du nur telefonieren – das kannst du bestimmt‘, sagte eine Freundin, als ich einen Job suchte. Ich wand mich, aber sie blieb hartnäckig. Schließlich gestand ich ihr, dass ich Angst vor dem Telefonieren habe.
Als ich 17 war, hatte mich eine mir nahestehende suchtkranke Person oft nachts und bei der Arbeit angerufen. Ich hatte jedes Mal Schweißausbrüche bekommen, manchmal sogar Panikattacken. Irgendwann hatten dann auch andere Telefonate Überwindung gekostet.
Endlich mal jemandem von meiner Angst zu erzählen war sehr befreiend. Und so wagte ich es dann, den angebotenen Callcenterjob auszuprobieren. Quasi alleinerziehend und mit Multiple-Sklerose-Erkrankung hatte ich eh keine Wahl.
Auch im Callcenter schwitzte ich, aber mein Ehrgeiz, die freundlichen Kolleginnen und die Einarbeitung ließen mich die Situation immer besser bewältigen.
Doch leider verschlimmerte sich die multiple Sklerose und ich musste diesen Job wieder aufgeben. Weil ich mich schämte, mit anderen darüber zu reden, kam meine Angst vor dem Telefonieren schnell wieder.
Bekannte beschwerten sich über die Funkstille. Da wusste ich, dass ich etwas ändern musste. Ich erzählte endlich meinem Umfeld von meiner Angst und erarbeitete Telefonstrategien für mich: Wenn möglich vereinbare ich einen Termin und mache mir vorher Notizen. Hinterher male ich Smileys in den Kalender und sehe, dass eigentlich viele Gespräche gut laufen. Manchmal versuche ich, den Fokus bewusst nicht nur auf das Telefonat zu lenken. Ich lutsche nebenbei Bonbons oder erledige Hausarbeit. So komme ich gut zurecht.“