Damit hätten wohl wenige gerechnet: dass es im 21. Jahrhundert en vogue sein würde, mit bunten Beutelchen voller Fäkalien durch Stadt und Land zu promenieren. Nun gut, bei Hundekotbeuteln handelt sich nicht um jene Konsumartikel, von denen in dieser Kolumne sonst die Rede ist. Immerhin nötigt man sie uns auf. Aber gerade deshalb sind die damit einhergehende Alltagspräsenz und die Normalisierung einer so ekelbesetzten Substanz wie der Scheiße doch bemerkenswert.
Die Revolution gegen die Nötigung zur Notdurftsammlung bleibt aus. So sieht man elegante Damen ganz selbstverständlich knallrote Kackbeutelchen schwingen wie Gucci-Täschchen. Hipster flanieren mit der Exkrementkollektion ihres Accessoirehündchens, als trügen sie eine Indiepopplatte nach Hause. Es überraschte nicht, brächte Louis Vuitton nach der einen Müllbeutel imitierenden „Trash Bag“ (2010) demnächst eine Kotbeutel appropriierende „Shit Bag“ auf den Markt. Vielleicht ist die Modeindustrie ja erfolgreicher in der Überwindung des Ekels als die Psychotherapie?