Ob auf dem Smartphone, dem Tablet oder dem Laptop – immer mehr Menschen lesen Texte lieber digital als auf Papier. Wie Wissenschaftler nun herausgefunden haben, bleibt das Verständnis dabei jedoch oftmals auf der Strecke.
Für ihre Untersuchung haben die Leseforscher die Daten und Ergebnisse von 54 Studien aus den Jahren 2000 bis 2017 ausgewertet, an denen mehr als 170000 Probanden teilgenommen hatten. In ihrer Metaanalyse zeigen die Forscher, dass beim Onlinekonsum Texte oberflächlicher gelesen werden. Wer dagegen Texte auf Papier liest, versteht mehr und kann hinterher auch die Inhalte besser wiedergeben.
Dabei spielt jedoch das Genre eine entscheidende Rolle. So ist es für das Verständnis von Romanen und Kurzgeschichten irrelevant, ob sie am Bildschirm oder in Buchform gelesen werden, wie die Forscher herausfanden. Denn bei den Erzählstücken kommt es nicht auf jedes Detail an, um den Gang der Geschichte zu verstehen. Dagegen ist bei einem anspruchsvollen Sachtext die Darstellungsform relevant. Ein komplexes, langes Lesestück wird auf Papier besser erfasst, die Verständnis- und Gedächtnisleistung ist hier größer.
Der Print-Vorteil nimmt sogar zu
Die Forscher erklären das Ergebnis so: Im Internet ist die Ablenkung durch Werbebanner, eintrudelnde E-Mails und Push-Meldungen groß, so dass Texte oft nur überflogen und parallel noch andere Dinge erledigt werden. Unser Gehirn sei aber nicht gut in Multitasking oder im Springen von einem zum nächsten Text.
Was die Forscher am meisten überraschte, war, dass der Effekt bei den Studien mit jüngerem Publikationsdatum zunahm. Je aktueller die Studie, desto größer war der Verständnis- und Erinnerungsvorteil bei der gedruckten Darstellungsform im Vergleich zu der Digitalversion. Gerade junge Leser seien mit der Flut an Informationen im Internet oft überfordert, auch wenn sie mit den Onlinemedien groß geworden seien, schreiben die Autoren.
Pablo Delgado u.a.: Don’t throw away your printed books: A meta-analysis on the effects of reading media on reading comprehension. Educational Research Review, 2018. DOI: 10.1016/j.edurev.2018.09.003