Der talentierte Mr. Ripley von Patricia Highsmith. Der Roman bringt einem das Täuschen bei. Mal ehrlich: Am Montagmorgen ist man in der Arbeit überfordert. Man hat sich gerade an die freien Tage gewöhnt, an Gemütlichkeit und Müßiggang, und mit einem Mal wird es hektisch und man soll tun, als habe man die Lage im Griff. Man muss also tricksen. Tom Ripley lehrt einen, wie. Der mittellose Amerikaner betrügt sich kühn und virtuos in wohlhabende Kreise hinein.
Um einen Mord zu vertuschen, schlüpft er in die Rolle seines Opfers. Er schüttelt „Tom Ripleys schüchternen, leicht verängstigten Gesichtsausdruck“ ab und übernimmt die selbstbewusste Haltung des Mannes, den er getötet hat. Er trägt dessen Hemden, kopiert seine Unterschrift, verschmilzt immer mehr mit dieser Figur: „Seine Geschichten waren gut, weil er sie sich intensiv vergegenwärtigte, so intensiv, dass er sie fast selbst glaubte.“ Dabei hilft, dass er den Menschen, den er nachmacht, beneidet. Und geht es uns nicht ähnlich? Will man nicht auch selbst die souveräne Person sein, die am Montag schwungvoll über den Flur schreitet, die ohne mit der Wimper zu zucken das E-Mail-Postfach öffnet? Um zu werden, wer man sein will, hilft es, diese Rolle zu spielen. Außerdem bleibt gar keine andere Möglichkeit: Tom Ripley nicht, weil er vor der Polizei flieht. Und uns nicht, weil immer wieder Montag ist.