Endlich fühlt jemand dem Seelenleben unserer Büropflanzen nach. Wie viele Kakteen, Palmen und Drachenbäume vegetieren und verdursten in deutschen Bürostuben, im Großraumbüro, lichtlosen Büroflur oder der Beamtenstube? Kaum der Fürsorge wert, so scheint es, und doch wurden sie angeschafft, damit Menschen vor dem Blick der Kollegen Schutz finden, hinter der Büropalme. Der Fotograf Frederik Busch gibt ihnen nun mit Witz und Charme eine Identität.
Jede seiner recht steril fotografierten und maximal um 50 Zentimeter von ihrem Stammplatz weggerückten Pflanzen erhält zu ihrem Porträtfoto einen Namen und einen Satz, der aus ihrem Pflanzenleben eine Geschichte macht. Beispiele? „Hardtmuth bekommt den unbefristeten Vertrag.“ Unter dem Porträt einer schlotterigen Pflanze lesen wir: „Jürgen möchte sich in den Betriebsrat wählen lassen.“
Allegorien eines entfremdeten Büroalltags
Busch hat einen guten Blick für die übersehene Besonderheit der bei ihm mit einem Seelenleben ausgestattet wirkenden Büropflanzen. Mit ihren Träumen rund um Aufstieg, Fitness, Freundschaft und Selbstverwirklichung, eben den ganz alltäglichen Sorgen, Niederlagen und Erfolgen, erinnern sie an menschliche Büroarbeiter.
Buschs Pflanzenporträts erzählen damit auch von einer Arbeitswelt, in der der Mensch zur bloßen Funktion mutiert. Seine Pflanzen wirken wie Allegorien dieses entfremdeten Büroalltags, in dem Individualität hart erkämpft werden muss, und sei es auch nur durch ein eigenwilliges Wachsen um den Aktenschrank. Ein äußerst witziges und originelles, ja charmantes Kunstbuch.
Frederik Busch: German Business Plants. Kehrer, Heidelberg 2018, 128 S., € 28,–