Manchmal bricht der Austausch in WhatsApp oder Facebook unvermittelt ab: Man schreibt etwas, wartet auf Antwort, schaut alle halbe Stunde nach – aber die andere Person meldet sich nicht mehr. Auf Messenger Apps oder in den Social Media ausgegrenzt zu werden, bedroht fundamentale Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, verschlechtert die Stimmung, stellt manchmal sogar den Lebenssinn in Frage – und je häufiger eine Person einen solchen Kontaktabbruch erfahren musste, desto schlimmer sind die Folgen. Dies ergab eine Tagebuch-Studie der Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin Sarah Lutz von der Universität Mannheim.
Insgesamt 214 Probandinnen und Probanden, im Schnitt 26 Jahre alt und mit hoher Bildung, füllten sieben Tage lang jeden Abend auf ihren Handys Fragebögen aus und gaben dabei an, ob sie in den Messenger Apps ausgegrenzt worden waren, zum Beispiel: „Andere behandelten mich, als sei ich nicht im Chat“ oder „Meine Nachrichten wurden nicht beantwortet“. Weiterhin wurden die Frauen und Männer gefragt, ob sie sich als zugehörig und verbunden empfanden, wie sie ihr Selbstwertgefühl einschätzten, ob sie sich vital und gut fühlten, ob sie das Gefühl von Kontrolle hatten und ihnen das Leben bedeutsam erschien.
Insgesamt fühlten sich die Teilnehmenden nicht oft ausgeschlossen – aber wenn, dann zeigten sich deutliche Effekte, berichtet Sarah Lutz: Die Betroffenen fühlten sich weniger zugehörig, ihr Selbstwertgefühl litt, ihr Gefühl von Kontrolle schwand. Sie neigten aber nicht etwa dazu, der digitalen Kommunikation deshalb aus dem Weg zu gehen. Im Gegenteil: Die Ignoranz ihrer Kommunikationspartnerinnen verstärkte ihren Wunsch, sich am nächsten Tag noch mehr in den Messenger Apps und Netzwerken zu engagieren. Dies interpretiert die Forscherin als einen Versuch, die nicht erfüllten Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und das beschädigte Selbstwertgefühl zu kompensieren. Ob sich dieser Kompensationsversuch auf digitale Kontakte beschränkte oder die Betroffenen darüber hinaus auch mehr Face-to-Face-Begegnungen in ihrem Alltag suchten, wurde nicht erhoben.
Achtsamkeit hilft ein bisschen
Ein Selbsthilfemechanismus indes erwies sich als hilfreich, um den Schmerz der Ausgrenzung erträglicher zu machen: Achtsamkeit. Sarah Lutz hatte erfragt, als wie achtsam sich die Teilnehmenden einschätzten. Tatsächlich zeigte sich, dass achtsame Personen die negative Erfahrung besser ertrugen. Offenbar hatten sie durch ihre achtsame Haltung einen gewissen Schutz – allerdings keinen vollkommenen: Auch bei den Achtsamen waren ihr Empfinden von Zugehörigkeit, ihr Selbstwertgefühl und ihre Kontrolle nach dem digitalen Kontaktabbruch beeinträchtigt.
Die Forscherin kommt zu dem Schluss: In den Chats der Messenger Apps und den Social Media ignoriert zu werden ist schmerzhaft. Menschen versuchen dies mit einem Mehr-Desselben zu kompensieren: Sie suchen nun erst recht Kontakt via WhatsApp, Facebook, Instagram & Co.
Sarah Lutz: Why don`t you answer me? Exploring the effects of (repeated exposure to) stracism via messengers on users`s fundamental needs, well-being, and coping motivation. Media Psychology, 2022. DOI: 10.1080/15213269.2022.2101008